Dienstag, 5. Januar 2010

Der Winter und mein Sushe

Jetzt ist also Winter. Mein erster Winter in Beijing. Er ist kalt, er ist windig und er ist immer sonnig. Jeden Morgen checke ich die Themperatur. Bei 2 bis -2 Grad trage ich ein T-shirt und ein Foulard, bei -4 bis -7 Grad ein Pullover. In unserem Klassenzimmer läuft immer die Klimaanlage, die auch eine Heizung ist und die Luft austrocknet, so dass meine Augen schmerzen. Je nachdem wer die Klimaanlage einstellt ist es schrecklich heiss. Vorallem Illarion aus Russland, der immer friert, verwechselt den Schulraum oft mit einer Sauna. Jin Laoshi die ich je länger ich sie kenne, desto lieber bekomme (auch wenn sie mich noch immer nicht wirklich zu mögen scheint) sorgt jeden Morgen dafür, dass wir auch genug Luft bekommen und lüftet das Zimmer, so dass es schecklich kalt ist. Ich koche meistens in meinem Zimmer, denn es ist einfach zu windig um raus zu gehen. In meinem Zimmer ist es immer schön warm, denn es ist gegen südosten augerichtet und hat herrliche Morgensonne.

Ich liebe das Leben in unserem Sushe. Was ist ein Sushe? Auf englisch heist es „dormitory“ auf Deutsch wohl Studentenwohnheim. Aber ich finde Sushe ist ein sehr passender Begriff. Er schreibt sich so: 宿舍。Das heisst ein Dach über 100 Menschen, denn heisst Mensch und heisst hundert. Dazu kommt noch ein Mensch über Geplauder. Wieder ein und dann ein , dass ist das Zeichen für Zunge und weisst auf alles hin, was mit Sprechen zu tun hat. Wir sind also hundert Menschen unter einem Dach, die alle miteinander plaudern. Natürlich ist dass etwas übertrieben, aber da wir alle alleine hier sind, haben wir schnell Freundschaften geschlossen. Luis aus Kolumbien und Larry sind die Geister ders Sushe, sie klopfen an allen Türen und erschrecken die Schüler. Mein Zimmer ist so etwas wie die Mensa geworden, für 12 Yuan erhalten hier alle eine Europäische Malzeit. Bei Hiroki wird am Wochenende Bier getrunken und bei Aidana Vodka. Wobei bei Aidana eigentlich nicht gertrunken von der russischen Sicht auf dieses Thema.... Jedes Wochenende ein bisschen Alkohol... dass zählt noch nicht einmal als Alkohol. Meinen meine russischen Freunde. Ich selbst brauche dass nicht jedes Wochenende, aber manchmal mache ich mit. Allerdings höre ich auf wenn ich merke, dass ich etwas beschwipst bin.

Witzig am Leben im Sushe sind auch die vielen Charaktere, die sich hier versammelt haben. Da gibt es den Mongolischen Vampir. Er ist erst 15 und meint er könne mit allen flirten. Offiziel geht er allerdings mit der Japanischen Mangaka. Und wer ihren Hals gesehen hat, weiss warum er ein Vampir ist. Aber sie zahlt es ihm auch zurück, so das es zwei interessante Hälse gibt....

Will aus der USA ist einfach der Prototyp von einem Ami und irgendwie traue ich ihm nicht über den Weg. Er ist eng befreundet mit Sara. Sara ist extrem sportverrückt und intellektuell. Dann gibt es Assaga aus Srilanka, er ist Buddhist und Vegetarier wie ich. Ausserdem ist er unglaublich verfressen und etwas naiv. Little Long Linglan ist aus Kassachstan, ihre Familie ist ebenfalls sehr intellektuell, und auch etwas mystisch... Sie kommt auf ausgefallene Ideen, wie Geister zu beschwören... Larry ist so zierlich, dass er mich immer an einen Humunkulus erinnert, oder ein Engel... Seine Freunde in Russland nennen ihn Seraphin. Er ist hier damit er nicht ins Militär muss... Das russische Militär ist bekannt für seine letalität. Larry und Long Linglan sind zusammen, alle wissen es, aber sie tun noch immer so, als wäre es ein Geheimniss. Und dann ist da noch Sasha, die Luis auch in seinem irrsinnig sexy Pyjama (dass wir aber noch nie gesehen haben) niemals sexy finden wird. Denn lasst mich die Prinzen zitieren: „Denn sie steht nur auf Frauen und er ist leider nur ein Mann.“ Sie erzählt mir immer die neusten News aus ihrem Leben, dass einer richtigen Seifenoper gleicht. So verschieden wir auch sind, wir sind alle Freunde, vielleicht auch Leidensgenossen und helfen uns aus. Egal wie spät es ist, unsere Türen sind immer offen. Eine richtig kleine Familie.

Ja, auch wenn hier die Zimmer klein sind und die Fenster nicht richtig schliessen, auch wenn nach der Suppe mein Zimmer nach Kohl riecht und ich heisses Trinkwasser am Morgen am Ende des Ganges holen muss und auch wenn wir nur von 6 bis 10 und von 12 bis 24 Uhr heisses Wasser haben. Ich würde niemals in einer Wohnung leben wollen. Noch nicht...

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